Eine innovative Behandlung für Patienten mit Epilepsie und geistiger Behinderung: Das Projekt IMAGINE-STIM UPPER-RHINE entwickelt bildgesteuerte Neurostimulationstechniken. Diese Innovation wird von einem binationalen Konsortium, der Universität Straßburg und der Universitätsklinik Freiburg, entwickelt. Die Forschenden arbeiten mit den Partnern Precisis Heidelberg und dem Epilepsiezentrum Kork zusammen, um eine innovative technologische Lösung zu entwickeln, mit der epileptische Herde (die für epileptische Anfälle verantwortlichen Bereiche des Gehirns) mithilfe der medizinischen Bildgebung präzise lokalisiert und mit Neurostimulationstechniken gründlich behandelt werden können. Säule Wissenschaft hat mit dem Träger dieses im Rahmen der Wissenschaftsoffensive finanzierten Projekts gesprochen, der uns über die Entstehung des Projekts, das Fachwissen der Forschungsteams und die Fortschritte berichtet, die diese Technologie für Ärztinnen und Ärtze sowie Patientinnen und Patienten ermöglichen wird.
Können Sie sich vorstellen und Ihre Rolle im Projekt IMAGINE-STIM erläutern?
Mein Name ist Vera DINKELACKER, ich bin Neurologin und wissenschaftliche Koordinatorin des Projekts IMAGINE-STIM UPPER-RHINE.
Wie sind Sie auf die Idee zu IMAGINE-STIM gekommen?
Zunächst muss man wissen, dass Epilepsie durch eine Zone im Gehirn verursacht wird, die eine abnormale elektrische Aktivität aufweist. Diese Zone wird als „epileptischer Herd” bezeichnet. Heute wird Epilepsie hauptsächlich medikamentös behandelt. Aber ein Drittel der Patientinnen und Patienten mit Epilepsie sprechen nicht ausreichend auf Medikamente an. In diesem Fall besteht die wichtigste Behandlung darin, den Betroffenen zu operieren und den epileptischen Herd zu entfernen. Diese Methode ist natürlich sehr invasiv und hat viele Nebenwirkungen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit geistiger Behinderung, bei denen Epilepsie besonders häufig auftritt. Seit einigen Jahren gibt es daher Techniken der Neurostimulation. Dabei werden Elektroden unter die Haut des Patienten implantiert, die elektrische Impulse an das Gehirn senden. Diese Methode ist besonders wirksam, da sie laut einigen Studien die Häufigkeit von epileptischen Anfällen innerhalb eines Monats um mehr als die Hälfte reduziert hat. Wir wollten diese Neurostimulationstechnik weiterentwickeln, um sie individuell anzupassen und für Patientinnen und Patienten mit geistiger Behinderung geeignet zu machen.
Welche Technologie steckt hinter IMAGINE-STIM?
Die Idee besteht darin, die Neurostimulation mit bildgebenden Verfahren zu kombinieren. Für die Bildgebung haben wir eine Möglichkeit gefunden, die MRT mit einem Elektroenzephalogramm zu kombinieren. Mit diesen beiden Techniken können wir den epileptischen Herd genau identifizieren. Je nach Lage des Herdes implantieren wir dann eine Elektrode unter die Kopfhaut des Patienten. Die Elektrode sendet elektrische Impulse speziell an den epileptischen Herd des Patienten. Diese Methode ermöglicht somit eine personalisierte Behandlung für jeden Patienten und ist minimal invasiv.
An Ihrem Projekt sind mehrere akademische Partner beteiligt. Welche Fachkenntnisse bringt jeder einzelne mit?
Im ICUBE-Labor der Universität Straßburg haben wir ein Protokoll entwickelt, um das Elektroenzephalogramm gleichzeitig mit der MRT durchzuführen. Aufgrund des Magnetfelds der MRT mussten wir ein spezielles Elektroenzephalogramm finden, das damit kompatibel ist. Anschließend haben wir erste „Pilotanalysen” mit gesunden Patienten durchgeführt, die nicht an Epilepsie leiden, um einen ersten Datenpool zu erhalten. In Zukunft werden wir auch Tests mit anderen medizinischen Bildgebungstechniken wie Bold-MRT usw. durchführen.
Wir arbeiten mit dem Universitätsklinikum Freiburg zusammen. Sie arbeiten eng mit unserem Partner Precisis Heidelberg zusammen, der Epikranialelektroden entwickelt hat. Freiburg kümmert sich also um die Implantation der Elektrode unter der Kopfhaut von Epilepsiepatienten und analysiert die neuronalen Netzwerke vor und nach der Implantation, um zu beobachten, ob es Veränderungen gibt. Sie haben bereits zwei Patientinnen implantiert und möchten bis zum Ende des Projekts etwa zehn weitere implantieren.
Wir stehen auch in Verbindung mit dem Epilepsiezentrum in Kork, einem großen Behandlungszentrum für Patientinnen und Patienten mit Epilepsie, insbesondere für medikamentenresistente Personen und Menschen mit geistiger Behinderung. Sie schlagen uns daher Patientinnen und Patienten vor, die von der Technologie, die wir gerade entwickeln, profitieren können.
Was ist für Sie der Vorteil, dieses Projekt mit Partnern aus der Grenzregion zu entwickeln, und umgekehrt, welchen Mehrwert bringt Ihr Projekt für den Oberrhein?
In der Region haben wir den Vorteil, dass es bereits eine wichtige grenzüberschreitende Zusammenarbeit gibt, insbesondere dank eines früheren Interreg-Projekts am Oberrhein, das den Zugang zur Versorgung zwischen Straßburg und dem Epilepsiezentrum Kork ermöglicht hat. Wir konnten also wirklich in Bezug auf die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung von diesem früheren Projekt profitieren.
Der Vorteil besteht auch darin, dass es in Straßburg und Freiburg bereits Behandlungszentren für Epilepsie gab, allerdings mit unterschiedlichen Ansätzen. Wir konnten also vom Fachwissen jedes Einzelnen profitieren, sodass wir uns heute in diesem Projekt eher ergänzen.
Umgekehrt können die Patienten des Epilepsiezentrums Kork grenzüberschreitend von unserer Technologie profitieren. Dieses Projekt hat aber auch den Dialog mit Menschen mit Epilepsie im Oberrheingebiet eröffnet. Wir stehen in Kontakt mit Patientenverbänden und haben auch Video-Foren entwickelt, an denen alle teilnehmen können, um das Wissen über diese Krankheiten zu erweitern.
Das Projekt IMAGINE-STIM UPPER-RHINE ist ein Projekt der Wissenschaftsoffensive der Trinationalen Metropolregion Oberrhein, das vom Interreg-Programm Oberrhein, der Region Grand Est, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg und dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz kofinanziert wird.
- Mehr Informationen zum Projekt: https://imagine-stim.eu/index.php/de/
- Mehr Informationen zur Wissenschaftsoffensive: https://science.rmtmo.eu/de/wissenschaftsoffensive/
