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Interview: 2PhaseEx, eine grenzüberschreitende Innovation, die Abwärme aus Rechenzentren für eine nachhaltigere Energieversorgung nutzbar macht

Abwärme in eine Ressource verwandeln: Das ist das Ziel des Projekts 2PhaseEx, das eine Technologie zur Rückgewinnung der von Rechenzentren erzeugten Wärmeenergie entwickelt. Diese Innovation wird von einem binationalen Konsortium bestehend aus der Universität Straßburg, dem CNRS, der INSA Straßburg sowie der Hochschule Karlsruhe entwickelt. Die Forscherinnen und Forscher arbeiten mit Industriepartnern zusammen, um eine innovative technologische Lösung für einen Zweiphasen-Wärmetauscher zu entwickeln, welcher nach dem Thermosiphon-Prinzip die von den Prozessoren in Rechenzentren erzeugte Wärme zurückgewinnt. Die Säule Wissenschaft hat sich mit dem Träger dieses im Rahmen der Wissenschaftsoffensive finanzierten Projekts unterhalten, der uns über die Entstehung des Projekts, die Expertise der Forschungsteams und die Fortschritte berichtet, die diese Technologie für Unternehmen in der Oberrheinregion bringen wird.

Können Sie sich kurz vorstellen und Ihre Rolle im Projekt 2PhaseEx beschreiben?

Mein Name ist Denis FUNFSCHILLING, ich bin Forscher am CNRS, Co-Leiter des Teams für Strömungsmechanik des ICube-Labors in Straßburg und wissenschaftlicher Koordinator des Projekts 2PhaseEx.

Wie ist die Idee von 2PhaseEx entstanden und was entwickeln Sie in diesem Projekt?

Wir sind von der Tatsache ausgegangen, dass Rechenzentren große Mengen an Energie in Form von Wärme produzieren, die jedoch ungenutzt bleibt. Diese Wärme stellt sogar ein Problem dar, da sie Kühlsysteme erforderlich macht, die häufig umweltschädliche Kältemittel enthalten.

Bestimmte Kühlsysteme ermöglichen die Rückgewinnung der von der Industrie erzeugten Sekundärwärme, jedoch aktuell nur bei sehr hohen Temperaturen. Bislang gab es keine Möglichkeit, industrielle Abwärme bei Niedrigtemperaturen, wie sie beispielsweise in Rechenzentren mit Temperaturen zwischen 50 °C und 80 °C anfallen, zurückzugewinnen.

Wir wollten daher ein Kühlsystem entwickeln, das umweltfreundliche Flüssigkeiten verwendet und gleichzeitig die Niedertemperaturwärme aus Rechenzentren nutzbar macht.

Welche Technologie steckt hinter 2PhaseEx?

Wir haben ein Zweiphasen-Wärmetauschersystem entwickelt, das nach dem Thermosiphon-Prinzip funktioniert. Es besteht aus zwei Teilen: dem Wärmetauscher und dem Kondensator. Der Wärmetauscher ist ein geschlossenes vertikales System. Er enthält eine Flüssigkeit, die bei Erwärmung in einen gasförmigen Zustand übergeht und im Wärmetauscher zum Kondensator aufsteigt. Eine kältere Flüssigkeit, die sogenannte Kühlflüssigkeit, strömt durch den Kondensator. Dabei findet ein Wärmeaustausch zwischen dem Gas aus dem Wärmetauscher und der Flüssigkeit im Kondensator statt. Das Gas kühlt ab, geht wieder in den flüssigen Zustand über und sinkt an der Unterseite der Wärmetauschersäule nach unten. Da das System geschlossen ist, wird die im Wärmetauscher enthaltene Flüssigkeit unendlich oft wiederverwendet. Vor allem aber ist dieses System autonom, da es keine Pumpe oder Elektronik benötigt.

Von unserer Seite aus haben wir verschiedene Flüssigkeiten getestet, die für unseren Thermosiphon geeignet sein könnten. Wir haben uns schließlich für destilliertes Wasser entschieden, da es umweltfreundlich und leicht zu beschaffen ist. Diese Wahl bringt jedoch eine neue Herausforderung mit sich, da Wasser bei atmosphärischem Druck erst bei einer Temperatur von 100 °C siedet. Die Prozessoren, die wir in Rechenzentren kühlen wollen, arbeiten jedoch bei Temperaturen zwischen 50 °C und 80 °C, also unterhalb des Siedepunkts von Wasser bei atmosphärischem Druck. Wir haben daher eine innovative Lösung entwickelt, bei der wir ein Vakuum im Wärmetauscher erzeugen. Dadurch sinkt der Druck, was wiederum den Siedepunkt des Wassers senkt. Unser System kann somit mit den Temperaturen der Prozessoren betrieben werden.

Im Konsortium Ihres Projekts sind mehrere Hochschulpartner aus der Oberrheinregion beteiligt. Welche Kompetenzen bringen jede Einrichtung mit?

Unsere Partner an der Hochschule Karlsruhe sind dafür zuständig, die zurzeit verwendeten Kühlflüssigkeiten zu ermitteln und anschließend die Eigenschaften neuer, umweltfreundlicher Kühlflüssigkeiten zu analysieren, die wir verwenden könnten. Sie haben verschiedene Flüssigkeiten wie Ethanol oder Ammoniak getestet, aber derzeit scheint uns Wasser die beste Lösung zu sein.

Im ICube-Labor in Straßburg haben wir verschiedene bereits existierende Thermosiphonsysteme analysiert. Derzeit entwickeln wir unser eigenes Closed-Loop-Two-Phase-Thermosiphonsystem, das wir an die Form von Computerprozessoren anpassen.

Was ist für Sie der Vorteil, dieses Projekt mit Partnern aus der Grenzregion zu entwickeln, und umgekehrt, welchen Mehrwert bringt Ihr Projekt für den Oberrhein?

Der Vorteil besteht für uns darin, dass wir vom Know-how unserer deutschen Nachbarn profitieren können. Wir müssen also nicht nach Partnern am anderen Ende Frankreichs suchen, sondern können alles in unmittelbarer Nähe erledigen. Außerdem ist es für uns sehr interessant, europäische Fördermittel in Anspruch nehmen zu können. Ich denke, dass uns dies gegenüber potenziellen Industriepartnern glaubwürdig macht und ihnen auch mehr Sicherheit gibt.

Wie ich bereits sagte, gibt es bereits Hochtemperatur-Kühlsysteme, aber Niedertemperatur-Systeme sind noch nicht sehr weit entwickelt. Allerdings arbeiten nicht alle Industriezweige mit hohen Temperaturen. Es gibt daher viele Branchen am Oberrhein, die von unserer Technologie profitieren könnten, und wir haben bereits einige Kontakte zu Unternehmen, die die Fortschritte unseres Projekts sehr genau verfolgen.

Das Projekt 2PhaseEx ist ein Projekt der Wissenschaftsoffensive der Trinationalen Metropolregion Oberrhein, welche vom Interreg-Programm Oberrhein, der Région Grand Est, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg und dem Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz kofinanziert wird.

Interview: 2PhaseEx, eine grenzüberschreitende Innovation, die Abwärme aus Rechenzentren für eine nachhaltigere Energieversorgung nutzbar macht